Klage, Anklage und Visionen

Cover BB 11 2008Einladung zum Mitmachen Bündnis Brief November 2008 für Menschenwürde und Arbeit Das „Bündnis für Menschenwürde und Arbeit“ möchte 2009 mit einer „Klagemauer“, in Absprache mit den Citykirchen, auf Ungerechtigkeiten in der Arbeitswelt hinweisen, besonders auf ungesicherte, ungeschützte, schlecht bezahlte Arbeitsverhältnisse und auf den Missstand der Arbeitslosigkeit. Besonders Arbeitnehmer/innen und Menschen ohne Erwerbsarbeit sind eingeladen, ihre negativen Erfahrungen auf die „Steine“ der „Mauer“ zu schreiben oder zu zeichnen, aber auch ihre Wünsche für eine „gute Arbeit“, ihre Hoffnungen und Visionen für mehr gesellschaftliche Gerechtigkeit.

„Gedenk doch, Adonai, was uns geschah! Schau her, sieh an unsere Schmach! ...
Waisen sind wir geworden, kein Vater ist da;
unsere Mütter gleichen Witwen“
Buch der Klagelieder 5,1.3

Jahrhunderte lang haben unsere Eltern im Glauben, das jüdische Volk, an den Trümmern des Salomonischen Tempels (zerstört 586 v. Chr.) ihre Klagelieder gesungen. Und als auch der neue Tempel, den Herodes gebaut hatte (37–4 v. Chr.), zerstört wurde, diesmal durch die Römer (70 n. Chr.), haben sie an der Klagemauer, einem Stück der Umfassungsmauer des Tempels des Herodes, diese Klagen gesungen. Bis heute stecken fromme
Juden ihre Klagezettel in die Mauerritzen der „Westmauer“ in der Hoffnung, dass abends der Erzengel Gabriel kommt und die Klagen Nachrichten aus Gesellschaft und Arbeitswelt vor Gott bringt. Den Tempel des Herodes vor Augen hat auch Jesus (ca. 30) geklagt: „Jerusalem, Jerusalem, du hast Prophetinnen und Propheten getötet und die zu dir gesandten Menschen gesteinigt. Wie oft habe ich deine Kinder einsammeln wollen, so wie eine Vogelmutter ihre Küken unter ihre Flügel sammelt, und ihr habt nicht gewollt. Seht, euer Haus wird leer und verlassen sein“ (Matthäusevangelium 23,37).
Unsere Klagemauer soll an die uralten Klagen der Menschen zu allen Zeiten erinnern: „Zum Ekel ist mein Leben mir geworden, ich lasse meiner Klage freien Lauf, reden will ich in der Bitterkeit meiner Seele“ (Hiob 10,1) und an die Anklagen gegen Gott: „Mach mich nicht zum Verbrecher, lass mich wissen, warum du mit mir streitest“ (Hiob 10,2).
Unsere Klagemauer erneuert die Klagen und Anklagen der Menschen aller Zeiten gegen Unterdrückung, Ausbeutung, soziale Ungerechtigkeit: „Hört dieses Wort …, die ihr die Hilflosen unterdrückt, die ihr die Bedürftigen misshandelt“
(Amos 4,1)
Unsere Klagemauer soll dazu einladen, der Klage und Anklage freien Lauf zu lassen! Sie ruft dazu auf, die befreiende Botschaft und die befreienden Taten des Christus in unsere Zeit zu übertragen: Als Jesus eine Frau trifft, die 18 Jahre lang gekrümmt und gebeugt leben muss (wer hat sie nur so verkrümmt?), richtet er sie auf (Lukasevangelium 13,10).Und sie lädt ein, Visionen zu entwickeln für eine gerechtere Gesellschaft.
Als Jesus die weinende Frau trifft, die ihr Kind „begraben“ muss, weil es auf totale Abwege geraten ist, sagt er zu ihr: Weine nicht! Und er richtet den jungen Mann auf und gibt ihm eine neue Lebensperspektive (vgl. Lukas 7,13). Als Jesus den Vater trifft, dessen Kind an Epilepsie erkrankt ist und der klagt: Es ist mein einziges! befreit Jesus das Kind von der dämonischen Krankheit (Lukas 9,38).
Wer macht das alles heute? Wenn nicht du?
Wenn nicht wir? In der Kraft des Glaubens! In der Kraft der Solidarität!
|Edmund Erlemann, Pfarrer
 

 

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