Unsere Bündnisarbeit 2024/2025

Präambel

In den Grundsätzen, auf die das Bündnis für Menschenwürde und Arbeit sich am 25. Juli 2012 auf Initiative von Edmund Erlemann, Pfarrer und Regionaldekan, verpflichtet hatte, heißt es:

„Das Bündnis will den Bedrängten und Schwachen in der Gesellschaft eine Stimme geben und eine Gegenöffentlichkeit schaffen.“

Dieser Auftrag, den wir uns selbst gegeben haben, orientiert sich einerseits an der Kernbotschaft des Neuen Testaments („Was ihr getan habt einem dieser meiner geringsten Brüder, das habt ihr mir getan“, MT. 25,40), andererseits am § 1 des Grundgesetzes, der die Würde des Menschen zum Verfassungsauftrag macht, und an den §§ 23 und 24 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, in denen es sinngemäß heißt:

- Jeder Mensch hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.
- Jeder Mensch hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.
- Jeder Mensch, der arbeitet, hat Anspruch auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine Existenz sichert, die menschlicher Würde entspricht, gegebenenfalls ergänzt durch zusätzliche soziale Schutzmaßnahmen.

- Jeder Mensch hat das Recht auf Erholung und Freizeit, auf eine Begrenzung der Arbeitszeit und regelmäßigen bezahlten Urlaub, um sich erholen und regenerieren und vor krankmachenden Überlastungen schützen zu können.

Aufgabenspektrum für unser Bündnis

bma logo 400pxAm 10. Dezember 2023 feierte die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ihren, am 23. Mai 2024 feiert das Grundgesetz seinen 75. Geburtstag. Anlässlich dieser Feiertage stellen wir fest, dass weder die eingeforderten Rechte noch das verfassungsrechtlich garantierte würdevolle Leben für alle Menschen auch nur annähernd verwirklicht sind, weder in Deutschland noch weltweit. Vielmehr lautet das ernüchternde Fazit der vergangenen Jahrzehnte, dass menschliches Elend in einem Ausmaß zugenommen hat, das den Rechten von Menschen und ihrer Würde Hohn spricht. Der Sozialabbau hat sich von Jahr zu Jahr verstärkt, die Kluft zwischen Armut und Reichtum ist kontinuierlich größer geworden, die gesellschaftliche Ungleichheit in Bezug auf materielle, kulturelle, gesundheitliche, digitale Teilhabe kann inzwischen als monströs bezeichnet werden: Wohnungsnot, Obdachlosigkeit, Kinder- und Altersarmut, Bildungsarmut entwürdigen immer mehr Menschen. Die Klimakrise verschärft diese Entwicklung dramatisch: Sie zerstört die Lebensperspektiven von Millionen von Menschen weltweit und trifft insbesondere Menschen, die in prekären Verhältnissen leben müssen. Sie verstärkt massiv den Migrationsdruck und befördert die teilweise gewaltsame Auseinandersetzung um verbleibende Ressourcen. Die politischen Antworten auf die Klimakatastrophe verschärfen die gesellschaftliche Ungleichheit, weil die politisch Verantwortlichen den Klimaschutz von der Notwendigkeit sozialer Gerechtigkeit abkoppeln. Im Sinne der sozialen Gebote des Grundgesetzes konstatieren wir daher Verfassungsbrüche – wie das Bundesverfassungsgericht - durch Regierungen und Parlamente.

Diese ernüchternde Bilanz, die den demokratischen Fundamenten des gesellschaftlichen Zusammenlebens gefährlich zu werden droht, wie das Erstarken der AfD ankündigt, wirft auch für das Bündnis für Menschenwürde und Arbeit eine gewichtige Frage auf: Welche der inzwischen nahezu unübersehbaren Aufgaben sind von einer Gruppe ehrenamtlich Tätiger überhaupt noch zu leisten, die den Anspruch hat, den Bedrängten und Schwachen zur Seite zu stehen? Zu den bedrängten und schwachen zählen wir vor allem Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen gehindert sind, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, Bedürfnisse für ein würdevolles Leben angemessen zu befriedigen und sich gesund und ausreichend zu ernähren:

  • Menschen, die arbeitslos sind oder von Niedriglöhnen leben müssen;
  • Menschen, die wohnungslos sind;
  • Menschen, deren Wohnbedingungen entweder nicht ausreichend oder gesundheitsgefährdend sind;
  • Menschen, die im Alter hungern oder frieren müssen oder mangels finanzieller Ausstattung vom gesellschaftlichen Leben abgekoppelt sind;
  • Kinder, die keine Bildungs- oder Ausbildungs-, also keine realistischen Lebensperspektiven haben;
  • MigrantInnen, die von Ausweisung oder Ausgrenzung bedroht sind;
  • Alleinerziehende Mütter – und Väter – mit desolaten Lebensgrundlagen für sich und ihre Kinder;
  • Menschen, die in Drogenabhängigkeit gerutscht sind und zu selten auf Hilfsangebote zugreifen können;
  • Behinderte Menschen ohne Möglichkeiten, sich gesellschaftlich – materiell, kulturell, beruflich – zu integrieren.

Diese Manifestationen entrechteten und entwürdigten, also prekären Lebens verstehen wir als Symptome einer Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung, in der sie als systemische Funktionsbedingungen angelegt sind: Kapitalistische bzw. neoliberale politisch-ökonomische Zustände basieren auf Ausbeutung, Unterdrückung von Menschen und Gewalt gegen sie, die sich durch den menschengemachten Klimawandel weiter verschärfen: Sie werden von der Politik, etwa durch Vorenthalten des für existenziell notwendigen Klimageldes, erneut betrogen. Unsere Kernaufgaben sehen wir deshalb darin, auf die Zusammenhänge von Elend, Armut und Perspektivlosigkeit mit den Grundlagen und Auswüchsen des kapitalistischen Wirtschaftssystems, insbesondere ihrer längst obsoleten, anachronistischen Wachstumsideologie, hinzuweisen. Und wir wollen Möglichkeiten aufzeigen und praktisch umsetzen, gegen sie zu intervenieren und sie zu überwinden.

Unsere Handlungsansätze

Aus dem breiten Spektrum eigentlich notwendiger Aktivitäten, die von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen aufgedrängt werden, leiten wir unsere praktischen Aufgabenstellungen für die nächsten zwei Jahre ab. Die Auswahl orientiert sich an drei für unsere erfolgreiche Arbeit wichtigen Kriterien: Machbarkeit für eine kleine Gruppe ehrenamtlicher Aktiver, Effektivität, um gesellschaftliche Wirkung zu erzielen, und Kooperation in Form von Zusammenarbeit mit anderen Gruppen, Organisationen, Verbänden. Unserer Orientierung an den Bedürfnissen und Lebensumständen der Menschen gemäß, die benachteiligt und ausgegrenzt sind, gehen wir in Bezug auf Zielsetzung und Aktivitäten keine Kompromisse ein:

  • In Anknüpfung an unsere bisherige erfolgreiche Arbeit greifen wir mindestens einmal im Jahr in einer öffentlichen Veranstaltung ein sozialpolitisches Thema auf, zu der wir kompetente Fachleute zu Vorträgen oder Statements einladen. Für das Jahr 2024 planen wir eine erste Veranstaltung zum Thema „Bürgergeld – ein realer Ansatz zur Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums oder eine Farce für prekär lebende Menschen?“ In einer angedachten weiteren Veranstaltung am Ende dieses Jahres oder zu Beginn des Jahres 2025 wollen wir öffentliches Bewusstsein schaffen zu dem Thema „Immer mehr Aufrüstung als verschärfter Krieg nach innen gegen das Prekariat in unserer Gesellschaft“, um den direkten Zusammenhang zwischen 100-Mrd.-Sondervermögen für die Bundeswehr, Aufblähung des Rüstungsetats und Waffenlieferungen in Kriegsgebiete mit der zunehmenden Verelendung und Verarmung aufzuzeigen. Zur Vorbereitung der Veranstaltungen werden zeitnah kleine Arbeitsgruppen gebildet, die sich regelmäßig mit dem Bündnisrat rückkoppeln.
  • Zu kalendermäßigen Anlässen beabsichtigen wir, hin und wieder mit unserer Klagemauer öffentlich aufzutreten: Der 1. Mai wie der 75. Geburtstag des Grundgesetzes bieten sich in 2024 für solche Auftritte an, zudem wird der Bündnisrat entscheiden, ob auch an anderen Tagen, an denen Frieden, Gesundheit, die Gleichberechtigung von Frauen oder soziale Fragen gesellschaftlich diskutiert werden, das BMA mit der Klagemauer den öffentlichen Diskurs unterstützt.
  • Unabhängig von solchen fixen Terminen überlegt der Bündnisrat, bei geeigneten Anlässen mit der Klagemauer aufzutreten bzw., wie in früheren Jahren, sie an andere Organisationen, Verbände, Gruppen usw. in der Region auszuleihen.
  • Vorerst angedacht sind Treffen mit PolitikerInnen aus Bund, Land oder Region zu sozialpolitischen Themen, über die wir sie befragen und mit ihnen diskutieren wollen.
  • Mindestens zweimal jährlich erscheint weiterhin unser Bündnisbrief, erarbeitet und gestaltet vom Redaktionskollektiv. Themen der Bündnisbriefe erarbeitet entweder die Redaktionsgruppe oder sie greift Themenvorschläge aus dem Bündnisrat oder auch von außen oder solche, die sich aufgrund aktueller Entwicklung nahelegen, auf.
  • Die Netzwerkarbeit, dh. die solidarische Verknüpfung von Inseln der Vernunft, wollen wir fortsetzen und ausweiten. Aktuell sind der Volksverein MG, das Sozialbündnis Krefeld, das Sozialbündnis Mönchengladbach, das Arbeitslosenzentrum MG, AHA 100 Aachen, Amos Heinsberg, der Seniorenrat MG und einige Wohlfahrtsverbände unsere Partner. Wir netzwerken, indem wir Einladungen zu Veranstaltungen wahrnehmen oder VertreterInnen dieser Kooperationspartner zu Sitzungen des Bündnisrates einladen.
  • Wo immer möglich, wollen wir alle Formen der Selbstermächtigung, dh. der Initiativen und Handlungsansätze aus den Reihen der betroffenen Menschen selbst, ermutigen und nach Kräften stärken.
  • Unsere Homepage, die gerade ihre Verjüngung und Erweiterung erfahren hat, ergänzt unsere vielfältigen analogen Informationswege für den Transport unserer Inhalte und Aktivitäten in die Öffentlichkeit.

Dieses Konzept soll dem Bündnis für Menschenwürde und Arbeit als Orientierungshilfe dienen, die flexibel bleibt, entsprechend den verfügbaren Ressourcen, den politischen Begleitumstände und den Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Trägern der sozialen Arbeit. Ende des Jahres 2024 wird der Bündnisrat über die für das Jahr 2025 notwendigen Modifikationen befinden.

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