Stoppt die Vertreibung des Arbeitslosenzentrums

 
BBrief 2016 12 214x300pxDie PlanerInnen der Roermonder Höfe haben eine Vision: Mönchengladbach als wachsende Großstadt – ein Entwicklungskonzept, das die Stadt attraktiver machen soll. Für Menschen, die sich Mieten oder Eigentumswohnungen leisten können, bei denen einem Arbeitslosen oder Sozialhilfeempfänger schwindlig wird.
Diejenigen, die nach Vorstellungen der Stadtentwickler
das Leben in der Stadt be-reich-ern werden, sollen dort selbstverständlich entspannen können und zwar ungestört. Sie könnten, so meinen die Experten in Politik und Verwaltung nun aber, doch gestört werden – durch das dort seit vielen Jahren ansässige Arbeitslosenzentrum, durch die dort ein- und ausgehenden Arbeitslosen, denn Gebäude und Besucher machen nicht so den guten Eindruck, sehen eher ärmlich aus und man weiß ja nicht …
Klingt unsachlich, polemisch, gar boshaft? Dann passen diese Worte zu denen, die von PolitikerInnen und der Verwaltung der Stadt Mönchengladbach seit langem vorgebracht werden, um das Arbeitslosenzentrum von seinem jetzigen Standort zu vertreiben: Von ihnen war bislang kein Argument hören, die BesucherInnen, Mit-
arbeiterInnen und UnterstützerInnen des ALZ als Begründung für diesen erzwungenen Exodus hätte überzeugen können.
Fairerweise muss zugegeben werden, dass die Visionäre des städtischen Wachstums ja doch ihre Argumente haben: Es geht ihnen um daszahlungskräftige Publikum, es geht um einen sozialen Wandel, für den inzwischen nahezu alle Großstädte als Vorbild dienen können, es geht um Gentrifizierung: Willkommen ist, wer Geld in die Stadt trägt, unerwünscht, wer davon nicht genug hat, um sich teuren Wohnraum leisten zu können. Wer kann und hat, soll dafür mit exponierter Lage, harmonischem Umfeld und störungsfreier Infrastruktur belohnt werden. Auf Kosten der Arbeitslosen und der MitarbeiterInnen, die sie beraten, unterstützen, ihnen fast täglich ein warmes Essen anbieten. Auf deren Kosten, ist das nicht blanker Unsinn? Diese Frage kann nur jemand stellen, der gewohnt ist, die Welt durch die Euro- oder Profitbrille vor seinen Augen zu betrachten. Das Bündnis für Menschenwürde und Arbeit schaltet sich ein, weil wir wissen, dass für Menschen, die an den Rand gedrängt worden sind, andere Währungen gelten: Die von Respekt und Würde, von Vertrautheit und Vertrauen und von sozialer Integration. Wir halten es für respektlos, verarmten und leidenden Menschen einen für sie und ihr Überleben wichtigen Zufluchtsort zu nehmen; wir halten es für entwürdigend, vielen hunderten Menschen, die in den letzten Jahrzehnten im Arbeitslosenzentrum einen Ort der Begegnung, des Verständnisses und des Zuspruchs gefunden haben, ihr soziales Obdach zu nehmen; uns fehlt jedes Verständnis dafür, dass die Bedürfnisse und die Gefühle von hilfsbedürftigen Menschen ohne einen nachvollziehbaren Grund missachtet werden sollen, indem ihnen eine vertraute Umgebung entwendet wird; aus unserer Sicht wird der Rest an Vertrauen in die Menschlichkeit und das Verständnis der politisch Verantwortlichen gebrochen, der bei Arbeitslosen und ihren UnterstützerInnen vielleicht noch vorhanden ist; und schließlich sehen wir in der Verschiebung des ALZ an irgendeinen anderen Ort in der Stadt einen Akt der Desintegration, wo soziale Integration in die Mitte der Gesellschaft und der Stadt für diese Menschen und ihre Familien selbstverständlich sein müsste. Die Botschaft an das ALZ ist eindeutig: Ihr gehört nicht hierher, Grund und Boden sind für euch zu teuer, in diesem Viertel habt ihr nichts zu suchen, wir, die Verantwortlichen, sagen natürlich nicht „verpisst euch“, aber, wenn wir ganz ehrlich sind, genau das meinen wir.
Die Botschaft vom Bündnis für Menschenwürde und Arbeit dagegen lautet: Dieses Ausmaß an Geringschätzung von Menschen und ihren bescheidenen Bedürfnissen wollen nicht. Wir wollen keine Ghettos, keine En- oder Exklaven, sondern eine Großstadt, die dadurch wächst, dass sie ein offener, sozial-integrativer Ort wird, wo alle Menschen überall und immer willkommensind. Dazu gehört, dass ein im Stadtteil verankertes, seinen sozialen Charakter mitprägendes Arbeitslosenzentrum nicht vertrieben, sondern zum sozialen Zentrum eines Quartiers wird, in dem jeder Mensch einen Platz hat.
Wir werden uns dafür einsetzen, dass das ALZ an dem Ort bleibt, an dem seine MitarbeiterInnen sich um diejenigen kümmern, die unter   prekären Lebensumständen leiden. Wir wolle verhindern, dass in dieser Stadt das Kümmern  um die Sorgen und Nöte von Arbeitslosen und ihren Familien weniger Gewicht hat als das soziale Exklusivität. Mit diesem Bündnisbrief stellen wir uns nachdrücklich gegen den Versuch, das ALZ von seinem Platz zu verdrängen. Wir wollen den für diesen Versuch Verantwortlichen deutlich machen, dass er sich weder politisch noch menschlich einfach durchwinken lässt. Und wir werben um Verbündete, die sich an Protestveranstaltungen im neuen Jahr beteiligen.
|Dr. Günter Rexilius

Lesen Sie mehr im Bündnisbrief Dezember 2016

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