Wahl 25 in der Sozialruine Deutschland

Cover BB 01 2025

Arme Irre oder Klare Kante: Keine Stimme für legalisierten Verfassungsbruch!

Vor jeder Wahl versprechen die Parteien soziale Gerechtigkeit, stabile Renten, Reallohnzuwächse, Bildungschancen für alle und dergleichen Wohltaten für benachteiligte und ausgegrenzte Mitmenschen. Sollte man sie der Lüge bezichtigen? Das ist gefährlich, aber man darf sie mit einer gesellschaftlichen Realität konfrontieren, von der die meisten von ihnen keinen blassen Schimmer haben. Und mit der Tatsache, dass diese Realität Ergebnis eines permanenten Verfassungsbruchs ist.

Alles begann vielversprechend.
„Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden … (Es kann) nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen. Inhalt und Ziel … kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. Durch eine gemeinwirtschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts- und Sozialverfassung erhalten, die dem Recht und der Würde des Menschen entspricht, dem geistigen und materiellen Aufbau … dient und den innerenund äußeren Frieden sichert.“
Das Ahlener Programm der CDU von 1947 war schnell vergessen, aber der „soziale
und friedliche Geist“, den es zum Ausdruck brachte, beflügelte die Mütter und Väter des Grundgesetzes. Der Parlamentarische Rat legte einen Verfassungsentwurf vor, im Mai 1950 verabschiedet, in dem die Menschenwürde obersten Verfassungsrang erhielt:
„§1 (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich  darum zum unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrecht.“
Die Verfassungsmacher ahnten wohl, dass einer eher abstrakten Vorgabe konkrete Aufträge folgen müssen, sie bauten den §14 in die Verfassung ein:
„(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet ... (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zumWohle der Allgemeinheit zulässig.“
 
In diesen Sätzen verbindet sich das Wohlergehen aller Menschen als Maßstab für politisches Handeln mit historischer Klugheit: Mitder Reihenfolge der Absätze legten die VerfassungskonstrukteurInnen fest, dass der Schutz des Eigentums nur dann gewährleistet ist, wenn es dem Gemeinwohl dient, ansonsten droht ihm Enteignung, in bewusster Abgrenzung von der französischen Verfassung von 1789, in der das Eigentum als „ein unverletzliches und heiliges Recht“ festgeschrieben ist. Die verfassungsgemäße Verpflichtung war bald vergessen, das nun doch unverletzliche und heilige Eigentum wurde politisch vom Gemeinwohl abgekoppelt. Das Ansinnen der FDP, den lästigen Absatz 2 des § 14 aus der Verfassung zu streichen, spitzt nur zu, was die etablierten Parteien längst praktizieren: Sie ignorieren ihn schlicht. Der Parlamentarische Rat hatte die übersehen, Regierung und Parlament einer regelmäßigen Kontrolle zu unterziehen, um sicherzustellen, dass sie Menschenwürde und Gemeinwohl als Auftrag ernst nehmen. Dieses Defizit hat füreinen großen Teil der Menschen fatale Folgen: Anfang der siebziger Jahre schob die Krisendynamik der kapitalistischen Ökonomie, der die Adenauer-Regierung den jungen Staat dochwieder ausgeliefert hatte, einen beispiellosen Sozialabbau an, vergleichbar der neoliberalen Dampfwalze, die seit den siebziger Jahren inMittel- und Südamerika, später in Asien und dann in Europa in Gestalt der Austeritätspolitikin Portugal, Italien und Griechenland diesozialen Sicherungssyteme zertrümmerte.
 

Heute leben in Deutschland Millionen Menschen, etwa 14,6 % der Bevölkerung, unterhalb der Armutsgrenze, darunter 4 Millionen Kinder.

Die Zahl der wohnungslosen Menschen steigt von Jahr zu Jahr. Die „Tafeln“ können den Ansturm der Bedürftigen nicht mehr bewältigen. Millionen Menschen arbeiten im Niedriglohnsektorund müssen ergänzend Unterstützung beziehen. Hunderttausende werden in der Landwirtschaft, im Bau- und Gastgewerbe, in der Logistik exzessiv ausgebeutet.
Millionen Menschen finden keine bezahlbaren intakten Wohnungen mehr. Materielle Armut ist verbunden mit geringen Bildungschancen in einem auf gesellschaftliche Spaltung angelegten Schulsystem, sie führt zu
vergleichsweise mehr chronischen Erkrankungen und geringerer Lebenserwartung, zu eingeschränkter Gesundheitsversorgung, zum
Ausschluss von kultureller Teilhabe. Alles inallem ein Desaster für einen „Sozialstaat“, sein Bankrott.

Die Politik begünstigt seit Jahrzehnten die Wohlhabenden. Ihre Einkommens-, Vermögens-, Steuer- und Erbschaftspolitik dient  der Anhäufung von Reichtum für
Wenige.

Während das Vermögen am unteren Ende derGesellschaftsskala stagniert und die Kaufkraft sinkt, steigt der obszöne Reichtum: Belief sich das mittlere Vermögen der reichsten 10 % Anfang der 1990er Jahre auf 50mal mehr als das der ärmeren Hälfte, sind es heute 100mal mehr. Aber nicht nur die Reichen und Superreichen, auch die Beamten sind eine bevorzugte Klientel des politischen Establishments: Ihre Pensionen sind doppelt bis dreimal so hoch wie die Renten von Angestellten oder ArbeiterInnen, die vergleichbar lange gearbeitet haben, Gehaltssteigerungen sind ihnen garantiert, eine sichere Rente beziehen sie bereits. (...)

Lesen Sie weiter im Bündnisbrief Januar 2025

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