Rentner, wollt ihr ewig leben?

Oder: Der soziale Restmüll

bbmai15In einem demokratischen Gemeinwesen sollen alle Menschen gleich viel wert sein. Dieser Konsens hat christliche und humanistisch-aufklärerische Wurzeln und angesichts der faschistischen Gräueln im Nachkriegsdeutschland Verfassungsrang erhalten: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ (Grundgesetz).

Faktisch gesehen war diese rechtliche und moralische Gleichheit aller Menschen immereine Fiktion, aber bis in die jüngste Vergangenheit galt sie als nicht diskutierbar und nicht verhandelbar, es war zumindest ein politisches Bemühen erkennbar, ihr irgendwie gerecht zu werden. Seit zwei Jahrzehnten werden immer mehr Menschen durch politische Entscheidungen in soziale Slums ausgelagert, in denen sie erfahren, dass ihr Leben für Staat und Politik keinen Wert mehr hat. Um einem Teil dieser Menschen ein Forum für öffentliche Darstellung und Widerstand zu geben, greift das Bündnis für Menschenwürde und Arbeit das Thema Altersarmut auf.

Einige Fragen …

Gehören Sie der „Goldenen Generation“ an, also der Gruppe älterer Menschen, die das halbe Jahr auf Mallorca und das zweite Halbjahr auf einem Traumschiff verbringen können? Die, fit wie ein Turnschuh, ihr Leben genießen und sich mit dem Gefühl, es verdient zu haben, alles leisten können, was sie begehren? Oder sind oder waren Sie Unternehmer, leitender Angestellter oder Beamter. Ist Ihnen die Anhäufung von Vermögen gelungen? Oder haben Sie sogar das große Los in der Lebenslotterie gezogen und haben es als Abgeordnete/r in den Bundes- oder Landtag geschafft? Oder haben oder hatten Sie einfach einen Beruf, der Ihnen ein sicheres Auskommen auch im Alter gewährleistet?

Trifft alles nicht auf Sie zu? Dann müssen Sie sich Fragen wie die folgenden gefallen lassen: Waren Sie immer fleißig? Haben Sie unermüdlich und ohne Unterbrechung seit Beendigung Ihrer Schulzeit gearbeitet? Waren Sie also mehr als 40 Jahre bei überdurchschnittlichem Gehalt voll erwerbstätig? Sie sind hoffentlich in der Lage bis 67 zu arbeiten?

Wenn Sie diese Fragen mit einem klaren „Ja“ beantworten können – schade für Sie, denn  dann werden Sie wahrscheinlich dennoch zu der halben Million Mitmenschen zählen, die gegenwärtig so wenig Rente beziehen, dass sie auf Grundsicherung angewiesen sind oder, wenn sie dazu gesundheitlich noch in der Lage sind, Jobs für Zusatzverdienst suchen müssen. Und sie müssen sich im Alter mehr oder weniger große Sorgen um ihre Existenzgrundlagen machen – die meisten von ihnen eher mehr.

Sollte in Ihnen noch ein Fünkchen Hoffnung glimmen, die sogenannte Rentenreformen könnten Rettungsanker sein, vergessen Sie‘s, es verflüchtigt sich bei genauerem Hinsehen wie eine Fata Morgana:

Kombirente oder Zuschussrente, Riesterrente oder Pflegezusatzversicherung – alles gesetzliche Luftblasen, die platzen, sobald ihrer Wirksamkeit gegen Armut im Alter nachgespürt wird.

Und der Mindestlohn? Der bringt leichte Verbesserungen, aber die vielen Ausnahmen im Pflegebereich, in der Gebäudereinigung oder im Gastgewerbe, die Tatsache, dass auch 8,50 pro Stunde selbst bei ununterbrochener Beschäftigung zu einer Rente führen, die nicht über dem Sozialhilfeniveau liegt, schaffen keine wirksamen Verbesserungen für Rentenbezieher

… und einige Fakten

 Es kann sein, nein: es ist wahrscheinlich, dass Sie heute oder morgen in die Altersarmut rutschen, weil Sie wegen ihrer sozialen Herkunft keine oder nur eine geringe Qualifikation erwerben konnten keinen gut bezahlten Job

bekommen haben eine gebrochene Erwerbsbiografie haben, warum auch immer einen Teil ihres Erwerbslebens langzeitarbeitslos waren  längere Zeit wegen einer psychischen oder körperlichen Erkrankung nicht arbeiten konnten wegen der Pflege eines/einer Angehörigen für längere Zeit nicht arbei-

ten konnten wegen der Betreuung, Versorgung und Erziehung von Kindern ihre Arbeitaufgaben mussten und danach keine angemessene Beschäftigung mehr fanden

■■ aufgrund ihres zu geringen Verdienstes nicht privat vorsorgen konnten

■■ sich mit Minijobs existenziell über Wasser halten mussten

■■ als MigrantInnen auf dem Arbeitsmarkt keine Chancen hatten

■■ wegen krankmachender Arbeitsbedingungen in die Erwerbsunfähigkeit gerutscht sind

■■ längere Zeit unverschuldet von Hartz-IV bzw. von Grundsicherung leben mussten.

 

Zu Zahlen verdichtet saust diese Wirklichkeit wie Keulenschläge auf Ihre Köpfe nieder.In Deutschland gibt es zur Zeit

■■ 2,3 Millionen Miniatur-Selbständige, die sich von einem Projekt zum anderen hangeln,

■■ 11,8 Millionen Teilzeitbeschäftigte,

■■ 6,5 Millionen Geringverdiener, die nicht mehr als 4 bis 5 Euro die Stunde verdienen.

■■ Durch die Hartz IV Gesetze hat sich der Kreis derjenigen, die von Verarmung im Alter bedroht sind, erheblich vergrößert, denn ihre Rente steigt um einen Betrag von

lächerlichen 2,19 Euro pro Jahr. Untersuchungen der OECD zufolge ist die Altersversorgung all dieser Menschen hierzulande, auch im (...)

 

Lesen Sie weiter Bündnisbrief Mai 2015

 

 

 

 

 

Sorry, this website uses features that your browser doesn’t support. Upgrade to a newer version of Firefox, Chrome, Safari, or Edge and you’ll be all set.