Heimspiel

Eine solidarische Gesellschaft gibt jeder und jedem einen Platz

bbnov2012Im Fussballpokal kenne wir die gute Gepflogenheit, dass Mannschaften aus der Amateurliga gegen Profi-Vereine, egal wie die Auslosung war, Heimspiel haben, also einen Vorteil bekommen. Sie spielen in dem ihnen vertrauten Stadion unter den ihnen bekannten Bedingungen, sie kennen die Löcher und Dellen im Rasen, die übergroße Mehrheit der Fans wollen Goliath gegen David fallen sehen. Was hat das mit unserer geplanten „Ethiktagung“ von unten zu tun?
Entscheidungsträger in unserer Gesellschaft haben selten den direkten Kontakt zu den Menschen, über deren Schicksal sie entscheiden. Ob sie es wollen oder nicht: sie machen Menschen zu Objekten. In den 90er Jahren in einem Hotelrestaurant: Uns bedient ein Kellner mit Klumpfuß. Damals eher unvorstellbar, weil unproduktiv, ineffektiv, einfach zu teuer. Aber dieser Kellner hatte seinen Platz in der Gesellschaft. Er wurde nicht seiner Behinderung in die Spülküche verbannt, er konnte seinen Beruf ausüben. Eine solidarische Gesellschaft gibt jedem und jeder die Möglichkeit entsprechend den Fähigkeiten einen Beitrag zu leisten zum Gelingen des Zusammenlebens (Gesellschaft).

Eine solidarische Gesellschaft ist nicht eine,die Menschen im Wirtschaftsprozess ausgegrenzt und – auch wenn es auf hohem Niveau geschieht – versorgt, alimentiert. Zudem werden sie dann auch noch persönlich dafürverantwortlich gemacht, dass sie versorgt werden müssen. Unser Maßstab: alle wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen werden an drei Kriterien gemessen:
 
Was bringen sie für die Benachteiligten?
Was tun sie den Benachteiligten an?
Wie ermöglichen sie Beteiligung?

Mit diesem Maßstab bringen wir zum Ausdruck: Jede Verhaltensweise beginnt mit der Hochachtung vor dem, was in jedem Menschen ist, mit der Hochachtung vor dem, was er sich erarbeitet hat zu den bedeutenden Fragen der Zeit, mit der Hochachtung vor dem, was der Geist Gottes in ihm gewirkt hat, der weht, wo er will (siehe Enzyklika „Redemptorhominis“, 12) Sozialstaatliches Handeln muss zum Ziel haben, sozialen Ausgleich, soziale Sicherheit und soziale Beteiligung zu schaffen. Deshalb: wenn wir die Menschen, die ausgegrenzt werden, denen wir den Platz in der Gesellschaft vorenthalten, in die Suche nach Wegen zu einer solidarischen Gesellschaft einbeziehen wollen, dann müssen wir damit beginnen, ihnen „Heimspiele“ zu verschaffen
 
|Renate Müller, Vorsitzende
des Diözesanrats der Katho-
liken im Bistum Aachen

 

Bündnisbrief November 2012



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