Bündnisbriefe
Wir brauchen einen Perspektivwechsel
Privatisierung, Deregulierung und ausufernde Gier haben im letzten Jahrzehnt zu einer Entfesselung der Märkte geführt. Auch der Arbeitsmarkt wurde von einer Lawine der Zerstörung von Schutz- und Sicherheitsrechten überrollt: Prekäre Beschäftigungsformen, wachsende Armut und steigende gesellschaftliche Spaltung waren die Folge.
In fast allen westlichen Industriestaaten wurden alte Sicherheiten erschüttert. Viele Menschen zweifeln, ob das kapitalistische Wirtschaftssystem noch trägt. Fünf Jahre Finanz- und Bankenkrise, die fortgesetzte Staatsverschuldung, exzessive Gehälter und Hungerlöhne haben tiefe Systemzweifel und -debatten entstehen lassen.
Während Spitzeneinkommen steigen, stagniert seit Jahren die Lohnentwicklung. Die Zahl der prekär Beschäftigten kletterte im letzten Jahrzehnt kontinuierlich auf fast acht Millionen Menschen. Der Niedriglohnsektor stellt demnach bei über 41 Mio. Beschäftigten einen erheblichen Anteil an den Erwerbstätigen. Niedrige Löhne haben – neben einer Schwächung der Binnennachfrage – erhebliche soziale Folgen: Die Betroffenen haben selten Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg I) und rutschen direkt in die Grundsicherung (Alg II bzw. Hartz IV). Außerdem wächst mit jedem Jahr im Niedriglohnbereich das Risiko von Altersarmut.
Ohne eine aktive Arbeitsmarktpolitik und ohne eine neue Ordnung der Arbeit droht eine dauerhafte Spaltung des Arbeitsmarktes in Fachkräftemangel und verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit sowie prekäre Beschäftigung. Menschen, die hart arbeiten, müssen von ihrer Arbeit leben können. Der gerne von Politikern der Bundesregierung zitierte Satz „Sozial ist, was Arbeit schafft“, stimmt eben nicht.
Prekariat …
Arbeit für‘n Appel und ‘n Ei.
Nicole schickt mir eine SMS: „Hast du nicht 20 Euro für die Kleine (gemeint ist Angelina, 1 Jahr alt)… Ich hab keine Pampers mehr. Und zu essen haben wir auch nichts“. Nicole bekommt die 20 Euro. Sie holt Pampers „Baby Dry“ für 7,78 Euro.
Nicole schickt mir eine SMS: „Hast du nicht 20 Euro für die Kleine (gemeint ist Angelina, 1 Jahr alt)… Ich hab keine Pampers mehr. Und zu essen haben wir auch nichts“. Nicole bekommt die 20 Euro. Sie holt Pampers „Baby Dry“ für 7,78 Euro.Nicole gehört zum Prekariat (von „prekär“ = misslich; Lehnwort aus dem Französischen). Eigentlich hört sich das Wort doch nicht schlecht an. Aber die Menschen, die zu der neuen sozialen Gruppierung „Prekariat“ gehören, sind schlecht dran!
Das Wort „Prekariat“ meint die Menschen, die zur sozialen Unterschicht gehören.
Nicole ist „unten“. Vielleicht kann die allein erziehende Mutter bald, wenn Angelina einen Platz in der KiTa bekommt, arbeiten. Aber auch dann ist sie nicht „an Schmitz’ Backes“ vorbei. Sie bleibt vermutlich Mitglied des Prekariats. Dazu gehören alle ungeschützten Arbeitenden und Arbeitslosen: die neue Klasse der Ausgebeuteten. Früher gab es in unserem Land eine „Soziale“ Marktwirtschaft: alle wurden beteiligt am Einkommen der Gesamtheit des Volkes.
Solidarität und Gemeinwohl sind aufgekündigt
an Boni genehmigen. Einem Arbeitslosengeld II-Empfänger werden allenfalls 5 Euro mehr gewährt. Bei den Gesetzesänderungen zu Hartz IV geht es zunehmend auch darum, Arbeitslosen vorzuschreiben, wie sie zu leben haben, um nicht mit Kürzungen rechnen zu müssen. Sind wir mit dieser Regierung wieder auf dem Weg zum Erziehungsstaat?
Ein ganz besonderer Ort
Wer vor der Brandts-Kapelle in der Rudolfstraße in Mönchengladbach-Waldhausen steht, wird zunächst durch ein kleines Schild „Denkmal“ an der Seitenmauer rechts vor der Kapelle darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Ort ein ganz besonderer ist.
Viele in Mönchengladbach kennen das „Brandts-Kapellchen“, sind dort getauft worden, sind im neben der Kapelle stehenden Aloysius-Stift oder in der neuen KiTa zwischen Kapelle und Stift in den Kindergarten gegangen, haben in der Kapelle Schulgottesdienste gefeiert. Der Bürgerverein Mönchengladbach hat irgendwann an der Fassade der Kapelle einen Hinweis angebracht, der an Franz Brandts, den ersten Vorsitzenden des Volksvereins für das katholische Deutschland erinnert und auf die Grabstätte der Familie Brandts hinter der Chorwand der Kapelle
hinweist.